Kabelloser Internetzugang mit über 100 MBit/s – Illusion oder echte Konkurrenz für kabelgebundene Anschlüsse? Lesen Sie, was die Mobilfunk-Techniken HSPA+ und LTE heute und in Zukunft leisten.
Der Bandbreiten-Hunger der Anwender wächst permanent. Aktuell wird die Entwicklung von der massenhaften Verbreitung von Web-Videos befeuert, die immer häufiger auch in HD-Auflösung vorliegen. Während stationäre Internet-Zugänge, also DSL- und Kabelinternet-Anschlüsse, vom Tempo her bereits heute relativ gut Schritt halten können, geht die Entwicklung beim mobilen Surfen etwas langsamer voran.
Das Hauptproblem ist dabei, dass sich alle Anwender des Mobilnetzes eine Funkzelle teilen müssen. Der momentane UMTS-HSDPA-Standard in den Netzen von O2, T-Mobile und Vodafone sind 3,6 MBit/s brutto. Nach Abzug von Protokoll- und Fehlerkorrektur-Paketdaten sowie unter Berücksichtigung anderer, gerade aktiver Nutzer kommt man in der Praxis auf schwankende Netto-Datenraten von 1 bis 2 MBit/s.
An einigen, von Geschäftsleuten besonders frequentierten Orten, stehen 7,2 MBit/s brutto bereit, in Kürze sollen es bis zu 14,4 MBit/s sein. Damit wäre die Grenze der UMTS-Beschleunigungs-Technik HSDPA eigentlich erreicht. „Eigentlich“ deshalb, weil inzwischen eine verbesserte Variante namens HSPA+ zur Verfügung steht.
HSPA+ – SCHON JETZT RUND 18 MBIT/S MÖGLICH
HSPA+: Technische Weiterentwicklung von Sendern und Empfängern sowie verbesserte Übertragungsverfahren und Mehrantennen-Technik ermöglichen inzwischen Datenraten über UMTS von 28 MBit/s brutto. O2 ist der erste deutsche Mobilfunkbetreiber, der diese Geschwindigkeit unter dem Namen HSPA+ anbietet, zurzeit aber nur in einem öffentlichen Feldversuch in zwei Gegenden von München.
HSPA+ lässt sich von den Mobilfunkbetreibern in vielen Fällen relativ einfach durch ein Software-Update in die Basisstationen implementieren, während für die Nachfolgetechnik LTE (siehe nächste Seite) neue Hardware nötig ist.
Erste Tests zeigen, dass mit HSPA+ unter guten bis idealen Bedingungen Praxis-Datenraten von 15 bis 18 MBit/s möglich sind. Unter realen, also durchwachsenen Bedingungen, wird man sich aber wohl mit einer Geschwindigkeit von um die 10 MBit/s zufrieden geben müssen, was aber gegenüber herkömmlichem HSDPA durchaus als Fortschritt bezeichnet werden kann.
Momentan geht der Hersteller Huawai davon aus, HSPA+ auf bis zu 42 MBit/s brutto hochtreiben zu können, bei der Kombination von zwei Funkzellen sogar auf 80 MBit/s. Ob das wirklich realistisch ist und welche Datenrate dann letztendlich beim Benutzer ankommt, bleibt abzuwarten.
Die Schallmauer von 100 MBit/s wird erst die Übertragungstechnik LTE durchbrechen, dem Nachfolger von HSPA+.
LTE – 100 MBIT/S UND MEHR PER MOBILFUNK
LTE steht für Long Term Evolution. Es handelt sich dabei um einen Mobilfunkstandard für die Übertragung von Daten mit einer Geschwindigkeit von zunächst 100 MBit/s – und in weiter Zukunft auch mehr. LTE gilt als Nachfolger von UMTS. LTE-Netze sind erst seit kurzem marktreif und bislang entsprechend selten anzutreffen – in Deutschland noch gar nicht. Zwei der ersten LTE-Netze sind im Dezember 2009 in Stockholm und Oslo in Betrieb gegangen.
Die Technik, die hinter LTE steckt, ist recht komplex. Kurz gesagt sind es neue Frequenzbänder, flexiblere Kanalraster und eine engmaschigere Aufteilung der Trägersignale, die LTE einen klaren Geschwindigkeitsvorteil gegenüber UMTS und HSDPA verschaffen. Möglich wird das durch immer leistungsfähigere und empfindlichere Sende- und Empfangstechnik.
Neben der Geschwindigkeit ist die geringe Signallaufzeit von unter 5 Millisekunden ein weiterer Vorteil von LTE. Das macht sich insbesondere bei Online-Spielen und VoIP-Telefonaten positiv bemerkbar, die dadurch nahezu verzögerungsfrei laufen.
Die neue Technik bedeutet für die Netzbetreiber wie T-Mobile, Vodafone und O2 Investitionen in neue Hardware für jede Basisstation, die LTE-fähig sein soll. Daher wird es noch einige Zeit dauern, bis in Deutschland zumindest die Großstädte mit LTE versorgt sind.
Seine Stärken kann LTE insbesondere im stationären Betrieb ausspielen. Während bei Fahrten im Zug oder Auto die 100 MBit/s nur selten erreicht werden, könnten bei der Nutzung zu Hause oder unterwegs in einem Cafe zukünftig durchaus Datenraten von 200 MBit/s und mehr drin sein. Dadurch wird LTE zu einer ernst zu nehmenden Alternative für kabelgebundene Internet-Anschlüsse. Und zum lang ersehnten Rettungsanker für all die, die in Gebieten ohne schnelle DSL- und Kabelinternet-Anschlüsse leben.
Wer nicht so lange warten will, kann heute bereits dank UMTS und HSDPA mit immerhin bis zu 3,6 MBit/s surfen.
Quelle: computerwelt.at